Chancen und Risiken - Jürgen Blume

Direkt zum Seiteninhalt

Chancen und Risiken

Leistungen
Unternehmenskauf in der Krise

Der entscheidende Vorteil eines Unternehmenskaufs vor einer ggf. zeitnah drohenden Insolvenzantragstellung liegt darin, dass die mit der Insolvenz einhergehende negative Marktstellung und Negativmerkmale in den Auskunfteien und bei Banken vermieden werden können.

Unternehmenskäufe in der Krise eines Unternehmens bergen aber erhebliche Fallstricke, die man im richtigen Umgang damit und fachlich hoch qualifizierten Management Strategien vermeiden kann. Daher empfiehlt sich eine sorgfältige Abwägung von Nutzen und Risiko. Der Erwerb eines Unternehmens in der Krise kann zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens vor einer ggf. zeitnah erforderlichen Insolvenzantragstellung sowie nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen.

Unternehmenskauf vor Insolvenzantragstellung

Der entscheidende Vorteil eines Unternehmenskaufs vor einer ggf. zeitnah drohenden Insolvenzantragstellung liegt darin, dass die mit der Insolvenz einhergehende negative Marktstellung und Negativmerkmale in den Auskunfteien und bei Banken vermieden werden können. Zum anderen kann ein Interessent exklusive Verhandlungen direkt mit den Gesellschaftern/dem Geschäftsführer führen – ohne Druck eines drohenden Insolvenz

Werden die Gesellschaftsanteile des Unternehmens erworben (Share Deal), wird damit die Krise der Gesellschaft jedoch nicht beseitigt. Der Investor müsste außerdem die Liquiditätslücke durch eigene finanzielle Mittel vollständig und nachhaltig schließen, weshalb der Erwerb von Geschäftsanteilen in der Krise für den Investor in vielen Fällen nicht attraktiv ist. Es sei denn man entscheidet sich zur Aufgabe der Gesellschaft wegen beabsichtigter Neugründung eins Unternehmens, gleicher Art und gleicher Struktur. Dann obliegt es dem Investor (Käufer) wie er mit dsieser Liquiditätslücke umgeht, ausserhalb des Verkäuferscenariums.

Es erscheint für Investoren danach auch die perfekte Lösung, nur einzelne (oder alle) Vermögensgegenstände im Wege eines Asset Deals günstig zu erwerben. Es werden aber oft die Konsequenzen eines solchen Erwerbs unterschätzt.

Für den Fall der Geschäfts- und Firmenfortführung einer Personengesellschaft haftet der Erwerber u.U. für die Verbindlichkeiten des früheren Inhabers (§ 25 HGB), auch , dass der Erwerber für Steuerverbindlichkeiten der Gesellschaft (mit-)haftet (§ 75 AO) und im Falle eines Betriebsübergangs die Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber übergehen (§ 613a BGB). Das zunächst vermutete „Schnäppchen” kann schnell zur Haftungsfalle werden.

Anders im Fall der Fortführung einer Kapitalgesellschaft. Hierin haftet die Gesellschaft selbst bis zur Höhe Ihres eingezahlten Stammkapitals, nicht jedoch der Gesellschafterkreis, ähnlich einer Personengeselllschaft oder personengeführten Rechtsform.

Bei beiden Gesellschaftsformen gilt, werden nur einzelne Vermögensgegenstände erworben, die nicht die oben genannten Konse­quenzen auslösen, so ist dennoch darauf zu achten, dass die Gegenleistung dem Verkehrswert entspricht. Andernfalls würde es sich um eine teilweise unentgeltliche Leistung handeln. Solche kann ein Insolvenz­verwalter innerhalb von vier Jahren nach Übertragung gemäß § 134 InsO anfechten und Rückübertragung bzw. Wertersatz für den unentgeltlichen Teil geltend machen. Damit gilt es eine spätere Insolvenzanfechtung zu vermeiden.

Phase zwischen Insolvenzantragstellung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Wurde der Insolvenzantrag bereits gestellt und ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt, gilt für den Zeitraum der vorläufigen Insolvenzverwaltung bis zur Insolvenzeröffnung prinzipiell dasselbe wie vor Antragsstellung. Bei Anordnung einer  vorläufigen Insolvenzverwaltung ist der  bis dahin bestellte vorläufige Insolvenzverwalter noch nicht verfügungsbefugt, Verfügungen bedürfen allerdings seiner Zustimmung.

Ein Verkauf von Gegenständen erfolgt in der Phase in der Regel aber nicht oder nur in besonderen Ausnahmefällen. Der Zeitraum wird dazu genutzt die Unternehmenssituation zu bewerten, potenzielle Käufer zu finden, Angebote einzuholen sowie zu vergleichen und weitere Konditionen unterschriftsreif auszuhandeln.

Der bestellte Insolvenz­verwalter dagegen ist gehalten, die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger herbeizuführen. Er wird daher auch andere potenzielle Interessenten kontaktieren und ggf. einen professionellen Investoren- bzw. Bieterprozess einleiten, um das beste Angebot für die Insolvenzmasse zu ermitteln. Für den interessierten Investor besteht daher das Risiko, dass die Vermögenswerte aufgrund eines besseren Angebots an einen anderen Interessenten veräußert werden.

Erwerb nach Insolvenzeröffnung

Vorteil für den Erwerb nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus der Insolvenzmasse ist, dass nur die ausgewählten Assets übertragen werden; die Verbindlichkeiten (Schulden) verbleiben bei der insolventen Gesellschaft und werden nicht übernommen. Allerdings wird der Insolvenzverwalter i.d.R. im Kaufvertrag so gut wie keine Garantien für die erworbenen Assets abgeben.

Vorteilhaft ist, dass auf den Erwerb von Vermögensgegenständen aus der Insolvenzmasse die oben genannten Haftungstatbestände aufgrund Geschäfts- und Firmenfortführung sowie die Haftung für Steuerverbindlich­keiten keine Anwendung finden. Zwar kann auch der Kauf aus der Insolvenzmasse einen Betriebsübergang und damit den etwaigen Übergang von Arbeitsverhältnissen nicht verhindern, jedoch lassen sich die oft not­wendigen arbeitsrechtlichen Maßnahmen mit Unterstützung des Insolvenzverwalters leichter, schneller und kostengünstiger vollziehen.

Oft gehen potenzielle Erwerber davon aus, dass der Insolvenzverwalter die Aufgabe hat, möglichst viele Arbeitsplätze oder den Geschäftsbetrieb im Ganzen zu erhalten. Das ist jedoch nicht ganz zutreffend. Der Insolvenzverwalter hat nur insoweit ein Interesse am Erhalt von Arbeitsplätzen, als durch die Übernahme der Arbeitnehmer die Belastung der Insolvenzmasse durch Gehaltsansprüche minimiert wird. An einer Vermögens­übertragung im Ganzen hat er nur ein Interesse, wenn dadurch ein höherer Kaufpreis erzielt werden kann als bei einer Einzelverwertung. Wenn aber ein potenzieller Käufer nur Interesse an einem abgrenzbaren Teilbereich hat und damit in Gesamtsumme unter Beachtung der Kosten für nicht übernommene Arbeitnehmer und ggf. mangelnde Verwertbarkeit der übrigen Vermögensgegenstände dennoch einen höheren Erlös für die Insolvenzmasse erzielt wird, so ist das Angebot des Interessenten dennoch zu bevorzugen.

Bestehende Verträge zwischen dem insolventen Unternehmen und dessen Vertragspartnern gehen nicht automatisch auf den Erwerber über. Das hat den positiven Effekt, dass nicht benötigte/zu teure Verträge beim Unternehmen belassen werden, von ihnen kann sich der Insolvenzverwalter durch insolvenzrechtliche Sondervorschriften leicht lösen. Nachteilhaft kann das hingegen für betriebsnotwendige oder aus sonstigen Gründen wichtige Verträge sein, wenn der Erwerber keine Sicherheit hat, dass der Vertragspartner einer Übernahme zustimmt; ggf. müssen neue Konditionen ausverhandelt werden. Das sollte vor Vertragsschluss mit den wesentlichen Vertragspartnern abgestimmt werden.

Weiterhin müssen ggf. (bspw. behördliche) Genehmigungen, Zulassungen oder Erlaubnisse der Gesellschaft neu beantragt werden, soweit sie inhaberbezogen und nicht produktbezogen erteilt wurden. Kann dazu mit den jeweiligen Vertragspartnern/Behörden keine Einigung erzielt werden, so kann alternativ die Möglichkeit bestehen, die Gesellschaft als Rechtsträger über einen Insolvenzplan zu sanieren, an dem sich der Investor mit seiner Einlage beteiligt. Ein Insolvenzplan bedarf der Bestätigung durch die Gläubiger; er muss daher für sie vorteilhafter sein als ein Asset Deal.

Die Interessen der Gläubiger werden im Insolvenzverfahren durch die Gläubigerversammlung wahrgenommen, die wesentlichen Maßnahmen des Insolvenzverwalters (wie dem Verkauf des Unternehmens im Ganzen) zustimmen muss. In der Praxis wird der Insolvenzverwalter daher darauf bestehen, den Vertragsschluss unter die aufschiebende Bedingung zu stellen, dass die Gläubigerversammlung zustimmt. Der Schwebezeitraum bis zur Zustimmung birgt jedoch für den Erwerber Unsicherheiten, wenn unverzüglich Investitionen getätigt werden müssen, um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Zwar ist i.d.R. mit Zustimmung zu rechnen, wenn die Gläubiger durch den Verkauf auf eine höhere Quote hoffen können. Sollte jedoch die Zeit drängen und Zweifel an der Zustimmungserteilung bestehen, besteht die Möglichkeit zur Einrichtung eines (vorläufigen) Gläubigerausschusses, der unmittelbar nach Insolvenzeröffnung der Transaktion zustimmen kann. In manchen Fällen kann es auch ratsam sein, wesentliche Gläubiger vorab an den Verhandlungstisch zu holen.

Fazit

Es ist im Einzelfall zu beurteilen, wann der richtige Zeitpunkt für den Erwerb/ Verkauf ist. Im Hinblick auf die Befreiung von Restschulden und die geringeren Haftungsrisiken ist für den Erwerber ein Kauf der Vermögenswerte nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens i.d.R. der sicherere Weg. Das Prozedere von Vertragsverhandlungen und Vertragsschluss unterscheidet sich aber von einem Kauf vor Insolvenz, der aus den genannten Kriterien nicht auszuschließen ist aber genauester Begutachtung einzelner Kriterien bedarf. Es gibt danach eben auch Konstellationen, in denen ein Erwerb der Anteile an dem insolventen Unternehmen bzw. ein Erwerb der Assets vor Antragstellung der zu bevorzugende Weg ist. Es ist daher entscheidend zu hinterfragen, was die mit dem Kauf verfolgten Ziele genau sind und die Chancen und Risiken gegeneinander abzuwägen.







Zurück zum Seiteninhalt